Entdeckung der Woche #7 – Der Eichmann-Prozess komplett auf YouTube

„Nein. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, hätten wir von den 10,3 Millionen Juden, die Korherr, wie wir jetzt nun wissen, ausgewiesen hat, 10,3 Millionen Juden getötet, dann wäre ich befriedigt und würde sagen: Gut, wir haben einen Feind vernichtet.“ 

Dieses Zitat stammt von Adolf Eichmann, Leiter des Eichmannreferats, welches sich maßgeblich um die Organisation der sog. „Endlösung“ der Judenfrage kümmerte. Das Referat Eichmanns, welches dem Reichssicherheitshauptamt und somit Reinhard Heydrich unterstellt war, erarbeitete bspw. die Verordnung nach welcher Juden den sog. Judenstern tragen mussten. Außerdem organisierte das Referat die Enteignung bzw. den Diebstahl jüdischen Eigentums im Zuge der Deportationen. Auch die Deportationen und deren Abwicklung in Viehwaggons wurden von Eichmann selbst bzw. seiner Abteilung organisiert. Eichmann war ebenfalls Teilnehmer der Wannseekonferenz, bei welcher die Ermordung der noch im Einzugsbereich des Reiches lebenden Juden festgelegt wurde. Eichmann gilt als einer der Hauptkriegsverbrecher und bekam durch die Medien den Namen „Organisator des Holocausts“. Da Eichmann nach Kriegsende untertauchte und 1950 über die Rattenlinie nach Argentinien flüchtete, entzog er sich vorerst der Justiz.

Ende der 50er Jahren verdichteten sich die Hinweise, dass Eichmann sich in Argentinien aufhielt und im Daimler-Benz-Werk in González Catán arbeitet. Auch die deutschen Behörden erhielten diesen Verdacht, genau wie der Mossad in Israel. Dieser ergriff Eichmann am 11. Mai 1960 und entführte ihn nach Israel im ihn dort vor Gericht zu stellen. Vom 11. April bis 15. Dezember 1961 wurde vor dem Bezirksgericht Jerusalem verhandelt. Am Ende stand das Todesurteil gegen Eichmann unter anderem wegen „Verursachung des Todes von Millionen von Juden durch Vernichtungslager, Einsatzgruppen, Arbeitslager, Konzentrierung und Massendeportation.“ Eichmann wurde am  1. Juni 1962 um 0:02 Uhr gehängt.

Der Prozess gegen Eichmann erlangte auch damals schon eine große mediale Aufmerksamkeit. Das lag zum einen daran, dass Eichmann der erste Naziverbrecher war, der in Israel verurteilt wurde. Zum anderen lag es allerdings auch an der Tatsache, dass Eichmann in den 1960er Jahren verurteilt wurde. Die Zeit des Schweigens der 40er und 50er Jahre neigte sich auch in Deutschland langsam dem Ende zu und die erste Nachkriegsgeneration forderte allmählich eine Aufarbeitung der Verbrechen ihrer Elterngeneration. Außerdem wurde der Prozess aufgezeichnet und fast täglich im israelischen und ausländischem Rundfunk  verbreitet. Es war das erste mal, dass Überlebende des Holocausts  live von den erlebten Grauen berichteten. Die 200 Stunden Filmmaterial des Prozesses finden sich seit 2011 ebenfalls auf YouTube. Hochgeladen wurden die Videos zum 50. Jahrestag des Prozesses von der israelischen Gedenkstätte für den Holocaust Yad Vashem. Trotz seiner unschätzbaren historischen Relevanz, sind die Videos wahrscheinlich nur wenigen bekannt. Selbst anschauen könnt ihr sie hier: https://www.youtube.com/channel/UCD_fEkq4bCuyoJ0pN3n4edw

Ebenfalls interessant ist das Experiment der Süddeutschen Zeitung von 2011. Peter Praschl machte es sich zur Aufgabe alle 200 Stunden auf YouTube zu schauen. Allerdings nicht am Stück, sondern vom 19. April 2011 bis 13. Oktober. Also ungefähr so lange wie auch die Verhandlung dauerte. Der Autor geht dabei der Frage nach: „was stellt das mit dem Zuschauer an?“

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